LEBEN
Friedrich Roth (* 17. November 1900 in Döbra, Oberfranken; † 20. Dezember 1982) war ein evangelischer Pfarrer und Komponist.
Friedrich Roth wurde als 4. Kind und erster Sohn des Pfarrers Johann Albrecht Roth, des späteren Dekans von Michelau, geboren.
Sein Vater entstammt einer Familie in Marktsteft am Main. Seine Mutter Friedrike, geb. Kimmel war in München aufgewachsen. Sie entstammte u. a. der Färberfamilie Braun aus Öttingen, über die im dortigen Heimatmuseum berichtet wird. Ihr Großvater war Oberappelationsgerichtsrat in München. Ihr Vater war ebenfalls Pfarrer, u. a. in Neu-Ulm. Nach dessen frühem Tode siedelte ihre Mutter nach München über, um mit ihren 4 Kindern im großfamiliären Umfeld ihrer Herkunftsfamilie sicherere Bedingungen zu nutzen.
Friedrich Roth wurde noch vom Gymnasium aus mit 17 Jahren in den Ersten Weltkrieg eingezogen. Traumatische Erlebnisse für einen aus behütetem Umfeld kommenden Jugendlichen, der viele seiner Schulkameraden, mit denen er in Ansbach das Gymnasium besuchte, im Feld sterben sehen musste.
Das Studium der Theologie absolvierte er in Erlangen und verbrachte einen Teil der Studienjahre auch in Rostock.
1932 heiratete er Marie-Luise Kipp aus Coburg, mit der er später neun Kinder hatte.
Das Heraufziehen der NS Herrschaft verfolgte er von Anfang an mit großer Sorge. Jung verheiratet ritt er regelmäßig aus innerer Unruhe in einer Vorahnung, dass Hitler und seine Unterstützer Deutschland in den Abgrund führen werden, frühmorgens mit seinem Pferd aus.
Im Dilemma, seine Familie nicht zu sehr gefährden zu dürfen und gleichzeitig offene Worte über die Entwicklungen im Dritten Reich zu finden, warnte er in seinen Predigten vor den Abgründen des Nationalsozialismus.
Einem Zufall war es zu verdanken, dass er nicht ins KZ musste, weil ein NSDAP Funktionär den Abtransport im Jahr 1940 verhinderte, weil am gleichen Tag sein 5. Kind geboren worden war. Friedrich Roth hat im Rückblick für die evangelische Landeskirche beschrieben, wie er sich frühzeitig gegen das Naziregime positioniert hat.
Als Pfarrer wirkte er in Weißenstadt im Fichtelgebirge und von 1946 bis 1968 in Schauenstein in Oberfranken. Dort etablierte er mit seiner Frau ein Pfarrhausleben in der Tradition des 19. Jahrhunderts, das dessen kulturelles Selbstverständnis nochmals idealtypisch aufleben ließ.
Das Pfarrhaus in Schauenstein war ein Ort für Kunst und Kultur. Friedrich Roth komponierte eine Vielzahl von Werken für Chor und Orchester, immer an den Fähigkeiten und der Verfügbarkeit von Musikern - meist Laien - vor Ort orientiert. In den Gottesdiensten leitete er selbst die Aufführungen durch Chor und Orchester der Kirchengemeinde in Schauenstein.
Auszugsweise kann auf Stücke verwiesen werden, die sein Sohn, der Musikwissenschaftler und Geigenbauer Hans-Ulrich Roth, veröffentlicht hat.
Der Großteil des sehr umfangreichen Werks von Friedrich Roth ist noch nicht ediert und veröffentlicht. Es ist im Sinne heute z. B. auch in der Anglikanischen Kirche geübter Praxis (leichter spiel- und singbare Sätze z. B. von Rutter) im besten Sinne "Gebrauchsmusik". Am Choralvorspielbuch der Evangelischen Landeskirche in Bayern hat er als Komponist ebenfalls mitgewirkt.
Als Pfarrer mit dem Pferd hat er überregional Aufmerksamkeit erworben, ersetzte doch von den 1950er Jahren an zunehmend das Auto als Fortbewegungsmittel Mobilität im Sattel.
Seine Jahre im Ruhestand verbrachte Pfarrer Friedrich Roth in Naila.
Auch das Fränkische Freilandmuseum hat Friedrich Roth und die Groß-Pfarrersfamilie Roth im Zusammenhang mit der Ausstellung "Nicht Dorfhaus und nicht Villa... Pfarrhäuser in Franken" im Jahre 2017 beschrieben.
Publikationen, Bücher & Zeitschriften - Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim
Seine Werke - Musik für die Musizierenden
Der Musikwissenschaftler und Geigenbauer Hans-Ulrich Roth, der jüngste Sohn von Friedrich Roth, hat mit der Edition der Werke begonnen. Ein Großteil des Werks ist aber immer noch nicht editiert und liegt nur in handschriftlich verfasster Partitur mit Stimmen vor.
In der von Hans-Ulrich Roth vorgenommen kleinen Teilausgabe der Werke führt er in die Musik von Friedrich Roth in der Vorbemerkung zur Ausgabe der Werke ein. Hieraus wird nachfolgend zitiert.
"Ein Notendruck ist immer eine Übersetzung der originalen Handschrift. Er suggeriert
eine Endgültigkeit, die ihm nicht zukommt: Die Handschrift ist dynamisch, offen, allenfalls Ausdruck der jeweiligen Umstände zum Zeitpunkt der Niederschrift. Korrekturen, Ergänzungen, Alternativen können hier gleichzeitig neben und miteinander existieren. Der Druck dagegen ist starr, er kann nur eine Version vertreten und muss andere außen vor lassen. Er stellt eine künstlich gewonnene Lesart vor. Er legt fest.
In gewissen Sinne ist der Druck als vermeintlich letzter Wille des Autors, jedoch eigentlich des Herausgebers, auch eine Art Archivierung, ja eine Art Begräbnis eines lebendigen und dynamisch verlaufenden Schaffensprozesses, der unter Umständen sogar im Extremfalle gegen die Intentionen des Autor stehen kann.
Das bitte ich immer zu bedenken, damit diese Ausgabe der Werke meines Vaters den Charakter seiner Musik nicht verfälschen helfen möge, eine Musik, die nie Selbstzweck war oder sein sollte, die flexibel den jeweiligen Verhältnissen angepasst, den gerade zur Verfügung stehenden Musiken auf den Leib geschrieben worden war und bei späterer Wiederaufführung selbstverständlich - wenn nötig - auch verändert wurde. Ich habe die Werke meines Vaters immer als musikalische Predigten verstanden, d. h. seine Musik sollte der Verkündigung der Wortes Gottes dienen. Daraus schöpft sie ihre Kraft, dem untersteht Sinn und Zweck ihrer Aufführung. Wie auch in einer Rede musste bei der Aufführung dieser Musik das Gegenüber, der Hörer als Angesprochener ernst genommen, die Situation wie auch der Raum und Rahmen berücksichtigt werden. Bei einer erneuten Aufführung kann sich das alles ändern.
Die Musik Friedrich Roths ist gerichtet, gerichtet an den Zuhörer, ausgerichtet auf Bedürfnisse und Fähigkeiten. Reißt man sie aus diesen Zusammenhängen heraus, wird ihr Verständnis schwierig. Das genau ist das Problem, wenn wir heute eine solche Musik, die nicht um der Kunst selbst Willen entstanden ist, wieder aufführen wollten.
Aber genau diese Ausrichtung war auch, neben der Lust am Schaffen, der Motor für die Entstehung dieser Werke: Eine neue Situation, eine neues Weihnachtsfest, eine neue Hochzeit, aber auch andere Musiker, sogar ein anderes Instrument, wie im Falle der Orgelchoräle für die Kirchenlamitzer Orgel mit 3 {!) Manualen etc. mussten fast zwangsläufig auch eine neue Komposition hervorbringen. Selbstverständlich werden auch die kompositorischen und satztechnischen Mittel, natürlicherweise in Abhängigkeit der eigenen Fähigkeiten, den jeweiligen
Umständen angepasst. In diesem Abhängigkeitsverhältnis, in dieser Not-wendigkeit liegt auch der Reichtum dieser Musik, auch wenn dieser vermeintlich bescheiden ist.
Die Kompositionen Friedrich Roths liegen deshalb so gut wie nie in einer "endgültigen” Reinschrift vor. In den vielen Fällen gibt es eine Fülle von manchmal nur skizzenhaft mit Bleistift geschriebenen Alternativen, Korrekturen, Ergänzungen und Anmerkungen zum Notentext, auch Gedankenfetzen, nicht weiter ausgeführt, ohne
sichtbare Konsequenzen. Man schaut, betrachtet man seine Partituren, nicht auf ein fertiges Kunstwerk, sondern in die Werkstatt eines Schaffenden.
Genau hier liegt auch das Problem einer Ausgabe der Kompositionen Friedrich
Roths: Es gibt nicht wie z.B. Bruckner eine "x-te und letztgiltige” vom Künstler autorisierte Fassung. Als solche darf diese Ausgabe auf gar keinen Fall verstanden werden...
Hans Ulrich Roth, im März 2001"
Folgende Werke wurden von Hans-Ulrich Roth herausgegeben:
Alphabetisches Verzeichnis:
Alle eure Sorgen werfet auf ihn, Motette a 4. 1962
Allein Gott in der Höh sei Ehr, Choralvorspiel, 1943
Also liebt Gott die arge Welt, Kurt Müller-Osten, Choralbearbeitung {eig. Mel.) a 4, 1954
Befiehl dem Herrn dein Wege, Motette a 4. 1962
Christus - Hymnus, Pil. 2, 5 - 11, Motette a 4, 1972
Da aber die Zeit erfüllet war, Gal. 4, 4 - 5, Motette a 6, 1947
Das Vierte Hauptstück (Taufe), M. Luther, Motette a 4, 1943
Das Wort ward Fleisch, Joh. 1, 14, Motette a 4, 1962
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte, Ps. 119, 105, Motette a 4, 1963
Deinen Frieden, o Jesu, Gebet, Motette a 3, 1943
Der Herr ist mein Hirte, Ps. 23, 1 - 4 Motette a 4, 1965
Der Herr ist mein Hirte, Ps. 23, Motette a 4, 1972
Der Herr ist mein Teil, Kl. Jerem. 3, 24 - 25, Duett, 1963
Eine kleine Freude gibt, Hans Fischer, Lied a 4, 1954
Ewiger Gott, du Vater des Lichtes, Gebet, Motette a 3, 1943
Frankenwaldlied, Hans Fischer, Lied a 4, 1953
Freuet euch in dem Herrn, Kantate, 1940
Gelobet seist du, o Gott, Gebet, Motette a 3, 1943
Gib dich zufrieden und sei stille, Choralbearbeitung, Chor und Instr., 1961/62
Halleluja! Lobet im Himmel den Herrn, Ps. 148, Motette a 4. 1952
Halleluja! Singet dem Herrn ein neues Lied, Ps. 149, 1 - 4, Motette a 4, 1963
Herr Jesu, der du uns das Licht, Gebet, Motette a 3 und Orgel, 1943
Herr, vor deinem Angesicht, Ida Saalfrank, Aria/Festmusik, Chor und Instr., 1953
Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, 1. Petr. 2, 9 - 10, Motette a 3 mit Instr., 1940
In deinen Händen, Herr, steht meine Zeit, M.-L. Roth, Choralbearbeitung (eigene Mel.), Chor und Instr. 1954
Ist jemand in Christo, 2. Kor. 5. 17, Motette a 3 und Instr., 1940
Jauchzet Gott alle Lande, Ps. 66, 1 - 3a, 4, Motette a 4, 1962
Laßt uns Gott, den Herren preisen, M.-L. Roth, Aria/Festmusik, Chor und Instr., 1953
Liebster Jesu, wir sind hier, Choralvorspiel, 1943
Lobe den Herren, o meine Seele, Choralsatz a 5, 1953
Mein Mund soll verkündigen, Ps. 71, 15 - 23, Kantate, 1954
Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, Motette a 4. 1962
O daß ich tausend Zungen hätte, Choralvorspiel, 1943
O Herr Jesu Christe, Gebet, Motette a 3 mit Orgel und Flöte/Vi., 1943
Ostermorgen, Text: Marie-Luise Roth, Lied/Kantate, 1954
Sei Lob und Preis dem höchsten Gut, Choralbearbeitung, Chor und Instr., 1961
Singet Gott zu dieser Stunde, Ida Saalfrank, Aria/Hochzeitsmusik, Chor und Instr., 1953
Sollt ich meinem Gott nicht singen, Choralbearbeitung, Chor und Instr., 1961
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, Ps. 23, 4, Aria, 1953
Vater des Lichts, sende heute und allezeit, Gebet, Motette a 3, 1943
Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, Psalm 42, 1 - 6, Duett mit Instr., 1961
Wie lieblich sind deine Wohnungen, Psalm 84, 1 - 5, Motette a 6, 1950
Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, ..... Motette a 4. 1962
Friedrich Roth hat als Komponist auch an den "Dreihundert Intonationen" zum Evangelischen Gesangbuch mitgewirkt, die im Chr. Kaiser Verlag München 1962 erschienen sind.
Dieses Vorwort verweist auf Friedrich Roth als einem der Komponisten.